Matou

Michael Kohlmeier

Seiten: 953
Verlag: dtv
Erscheinungsjahr: 2021
ISBN-Nummer: 978-3-42314-85-66

Ein Geburtstagsgeschenk, das ich direkt drei Tage später zu lesen begonnen habe: So neugierig war ich auf die Geschichte von Matou, dem sprechenden Kater, der von seinen sieben Leben erzählt. Die Lektüre hat sich gelohnt.

Eine Katze hat sieben Leben. Das heißt: eine europäische Katze. Eine britische oder amerikanische hat neun. Ein Umstand, den Matou kurz vor seinem siebten Leben bedauert. In diesem siebten Leben schreibt er seine Memoiren. Denn er beherrscht die Sprache und die Schrift der Menschen – betont aber stets: Er wollte nie ein Mensch sein! Nur wie ein Mensch. Und doch versteht er die Menschen bis zum Ende nicht wirklich.

Zum ersten Mal wird Matou – der damals noch nicht so hieß – kurz nach der Französischen Revolution geboren. Ein Zufall will, dass Camille Desmoulins ihn findet, eine führende Persönlichkeit der Revolution. Matou findet nicht nur ein liebendes, sondern auch intellektuelles Zuhause – und erwirbt sich dort die Fähigkeit, die Sprache des Menschen zu lernen.

Im „Weggemachten“, wie er die Welt zwischen den Leben nennt, weil alle Probleme wie weggemacht scheinen, entscheidet er sich mit Hilfe des „Großen Katalogs“ fortan für ein Zuhause, dem er sich als sprechender Kater offenbaren – und weiter lernen kann.

“… und bald stehe ich vor meinem Großen Katalog. Denk Dir einen Bildschirm, im Ausmaß wie ein kleiner Swimmingpool, und wie ein Swimmingpool liegt er vor dir. Wenn ich mit meiner Pfote die Oberfläche berühre, erscheint ein Bild. Es ist, als würde eine Kamera auf die Welt gerichtet. Erst sehe ich die Erde, wie sie im All schwebt, auf schwarzem Grund die weißdurchzogene blaue Kugel, die uns allen gehört. Ich vergrößere das Bild, zoome die Erde heran, näher, näher, bis ich in die Atmosphäre eintauche. (…) Wir Katzen können uns aussuchen, wo wir unser nächstes Leben verbringen.“

Matou sucht sich immer wieder berühmte Persönlichkeiten aus (reale Personen), bei denen er lebt und lernt, aber nicht nur. Er wird zum Fabelwesen, zum Diktator, zum Leoparden. Doch sein Ziel, den Menschen zu verstehen, verfehlt er. In seinem siebten Leben schreibt er:

“Nein, ich kenne die Menschen nicht, ich kenne sie immer noch nicht. – Daniel ist bedrückt, und ich dachte, er ist es meinetwegen. Weil er eben nicht hinwegkommt, dass er eine Katze besitzt, die sprechen und lesen und schreiben kann, dass es ´so etwas` überhaupt gibt. Aber er hat sich sehr schnell damit abgefunden. Ich bin für ihn inzwischen normal! Ich stelle für ihn nichts Aufregendes mehr dar. Er hat sich an mich gewöhnt! Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass ich kein Wunderwesen bin, und er – er hat es akzeptiert. Das ist ernüchternd. Seine bedrückte Laune rührt nicht daher, dass er die Lehren aller Philosophen der Weltgeschichte und aller Zoologen der Weltgeschichte (…) durch meine Existenz in Frage gestellt sieht, sondern – weil er unglücklich verliebt ist!“

„Matou“ ist unterhaltsam, bisweilen aber etwas langatmig. Fast tausend Seiten für sieben Leben – das hätte man straffen können. Gleichwohl bleibt einem der sprechende, nicht immer sympathische Kater in Erinnerung – und ich frage mich seit diesem Buch durchaus ab und an, ob auch unsere Katzen sich das Leben bei uns im „Weggemachten“ ausgesucht haben. Eine schöne Vorstellung 🙂

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