Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte

Paulo Coelho

Seiten: 233
Verlag: Diogenes
Erscheinungsjahr: 1997
ISBN-Nummer: 978-3-257-23146-5

Auweia. Auf was hab ich mich da eingelassen? Ich hatte schon einmal einen Coelho gelesen, vor langer Zeit. Aber der war mir nicht als so leutselig in Erinnerung geblieben, dass ich von weiteren die Finger lassen würde. Dieses Buch aber hat genau das erreicht: Es wird mein letzter Coelho gewesen sein.

“‘Pater, die Frau sagte, ein junger Mann habe ihre Wunden geheilt. War er es?‘

‘ Ja, er war es.‘

Mit wurde schwindelig. Ich erinnerte mich an gestern, an Bilbao, den Vortrag in Madrid, an die Leute, die von Wundern gesprochen hatten, an eine Präsenz von etwas, die ich gefühlt hatte, während ich mit den anderen einen Kreis bildete.

Ich liebte also einen Mann, der heilen konnte.“

Dieser Absatz erzählt die ganze Geschichte des Buchs: Frau trifft Jugendfreund wieder, der behauptet sie zu lieben, sie verliebt sich auch, erfährt, dass er Wunder vollbringt, ringt mit sich, ob sie so  jemanden der Kirche entreißen darf, weint, Buch findet ein Happy End.

Dazwischen packt Coelho Lebensweisheiten, Plattitüden und Bibelinterpretationen, die aus den Schriften einer Sekte stammen könnten, oder aus dem Poesiealbum meiner Kindheit.

“Vergeßt nicht, dass die Weisheit des Menschen vor Gott Torheit ist. Wenn wir auf das Kind hören, das wir in der Seele tragen, werden unsere Augen wieder leuchten. Wenn wir den Kontakt zu diesem Kind nicht verlieren, verlieren wir auch nicht den Kontakt zum Leben.“

Das Gute an diesem Buch ist, dass die 233 großzügig bedruckt sind und man sich recht schnell hindurch gelesen hat. Am Ende bleibt ein langes, erleichtertes Seufzen, und ein Stoßgebet, das allerdings anders klingt als das der Protagonistin:

“…es gab, wie der Priester gesagt hatte, viele Arten, Gott zu dienen, und unsere Liebe würde sie noch vervielfachen. Von nun an hatte ich auch die Chance, zu dienen und zu helfen – alles seinetwegen. (…) ‚Ich danke Dir, Herr, weil Du mir geholfen hast zu dienen. Lehre mich, dessen würdig zu sein. Gib mir die Kraft, teil seiner Mission zu sein, mit ihm gemeinsam durch die Welt zu gehen und ein neues spirituelles Leben zu beginnen.“

Halleluja! Das Buch will nicht helfen, zum verlorenen Glauben zurückzufinden, das Buch will bekehren. Doch dafür ist das Original – die Bibel, der Koran, der Tanach oder welche Religion auch immer – die weitaus bessere Lektüre.

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