Mitternachtskinder

Salman Rushdie

Seiten: 632
Verlag: Knaur
Erscheinungsjahr: 1993
ISBN-Nummer: 3-426-60284-9

Salman Rushdies Buch „Die satanische Verse“ zählt zu meinen Fünf-Sterne-Büchern. Entsprechend erwartungsvoll bin ich an die „Mitternachtskinder“ gegangen, mit dem Rushdie 1981 seinen internationalen Durchbruch feierte; es wurde mit dem Booker-Prize ausgezeichnet.

Liest man den Wikipedia-Artikel zu diesem Buch zeigt sich, dass es sich auf vielen verschiedenen Ebenen lesen – und rezensieren – lässt. Die Sprache, die Bezüge zur Realität, Dichtung und Wahrheit, das Mystische… Ich habe es als „normale Leserin“ konsumiert und war erst angetan, dann zunehmend enttäuscht. Es zieht sich.

Saalem Sinai wird in der Nacht geboren, als Indien unabhängig wird. Exakt um Mitternacht. Was ihn – glaubt er – zu etwas besonderem macht. Über seinem Bett hängt ein Glückwunsch-Schreiben des Präsidenten, er spürt eine besondere Fähigkeit: Er kann Gedanken lesen. Und findet so heraus, dass er nicht allein ist, dass alle zu diesem Zeitpunkt Geborenen eine besondere Fähigkeit haben. Er spürt sie auf und gibt ihnen in seinem Kopf ein Forum. Sein Wunsch ist es, gemeinsam, mit all den Fähigkeiten, Großes zu bewirken.

„Im Jahre 1957 näherten sich die überlebenden fünfhunderteinundachtzig Kinder alle ihrem zehnten Geburtstag, wobei sie zum größten Teil keine Ahnung von der Existenz der anderen hatten – obwohl es gewiss Ausnahmen gab. (…) Und dann, als Folge eines bei einem Fahrradunfall erlittenen Schocks, wurde ich, Saalem Sinai, ihrer aller gewahr.“

Doch auch Mitternachtskinder sind nur Menschen, sie streiten, verfolgen Interessen oder haben keine. Rushdie lässt Sinai seine Lebensgeschichte erzählen und verwebt sie eng mit realen Geschehnissen in Indien und Pakistan.

“…durch die Wut verwandelt, war ich außerdem von einem quälenden Mitgefühl für das Land überwältigt worden, mit dem ich durch meine Geburt nicht nur verschwistert, sondern (gewissermaßen) an der Hüfte zusammengewachsen war, so daß, was einem von uns zustieß, beiden geschah. Wenn ich, rotznasig, fleckengesichtig und so weiter, eine schwere Zeit durchgemacht hatte, dann auch meine subkontinentale Zwillingsschwester; und nun, da ich mir das Recht auf eine bessere Zukunft zugestanden hatte, war ich entschlossen, auch die Nation daran teilhaben zu lassen. Ich glaube, als ich in Staub und Schatten purzelte und amüsierte Beifallsrufe mich empfingen, hatte ich bereits beschlossen, das Land zu retten.“

Rushdies Sprache ist märchenhaft, mystisch, verästelt. In Wikipedia ist es so beschrieben – und besser kann man es nicht ausdrücken:

„In seiner Sprunghaftigkeit, Vielfalt, Verworrenheit aber auch Leichtigkeit erinnert der Ton an eine mündlich vorgetragene Erzählung. Gleichzeitig erfordert die Verwinkelung der Sprache, die reiche Verwendung von Motiven, die besondere Situation des Erzählers, an dessen Zuverlässigkeit ständig gezweifelt werden muss, beim Leser ein erhöhtes Maß an Konzentration und Aufmerksamkeit.“

Deshalb empfiehlt es sich, auch dieses Buch Rushdies in nicht zu großen Lese-Abständen zu lesen; wenngleich gerade im letzten Drittel der Wunsch, endlich fertig zu werden, das Lesen beschleunigen könnte. Es gibt keinen wirklichen Spannungsbogen, Rushdie erzählt eben eine Geschichte. Eine schöne, interessante, aber eben eine, die ihre Längen hat. Für mich ist dies kein Fünf-Sterne-Buch.

Ausgewählte Bücher:

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