Seegrund

Volker Klüpfel/ Michael Kobr

Seiten: 341
Verlag: Piper
Erscheinungsjahr: 2006
ISBN-Nummer: 978-3-492-25094-8

Zwölf Jahre ist es her, dass ich die ersten beiden Fälle des bräsigen Allgäuer Kommissars Kluftinger gelesen habe - und nicht mochte. Doch es warten noch etliche Fälle im Bücherregal - und irgendwann muss man es angehen. Seichte Unterhaltung in stressigen Zeiten versprach ich mir - und war dann doch überrascht, dass ich mich gut unterhalten fühlte!

Am Alatsee findet Kluftinger bei einem Spaziergang eine Leiche in einer Blutlache. Allerdings: Die Leiche ist nicht tot und das Blut ist kein Blut, sondern eine durch Bakterien hervorgerufene Substanz. Der See birgt nämlich ein großes Geheimnis, das zurückgeht in die Zeiten des Zweiten Weltkriegs – und das weder die Amis nach dem Krieg, noch private Taucher bislang lüften konnten.

„Stellen Sie sich also vor: Wenn Sie ein Loch in der Bakterienschicht finden und zum Boden vordringen, wären Sie wohl einer der ersten Sporttaucher, dem das gelingt. Und zudem hätten Sie als einer der wenigen bisher den Seegrund gesehen. Bis vor etwa dreißig Jahren ist man noch davon ausgegangen, dass der See gute hundertzwanzig Meter tief ist. In Wahrheit sind es nach geologischen Messungen nur achtunddreißig. Alles Neuland da unten.“

Neuland, dass der Kommissar und seine Kollegen erforschen müssen. Unterstützt werden sie von der Kommissarin Marx aus Füssen, einem dauerqualmenden Mannweib, mit dem Kluftinger so gar nicht warm werden will. Und im Umgang mit der neuen Freundin seines Sohnes lässt er ebenfalls kein Fettnäpfchen aus.

„´Und, schmeckts‘s Ihnen, Herr Kluftinger?` fragte Yumiko, als er gerade eine Sushi-Rolle in ihre Einzelteile zerlegte: Er praktizierte eine Art Trennkost, wobei er den Fisch aus Höflichkeit – und weil das ja schließlich das Teure am Ganzen war – ebenfalls aß, die grüne Hülle, von er der glaubte, es sei Spinat, aber liegen ließ. (…) ´Ja, schmeckt gut, könnte aber ein bissle wärmer sein. Wird vielleicht Zeit, dass wir uns den Hauptgang holen, von der Vorspeise haben wir ja jetzt genug gegessen.`“

Dass sich ganze Kapitel nicht nur mit dem Fall, sondern auch mit Kluftingers Privatleben beschäftigen macht die Charaktere vielschichtiger und das Lesen abwechslungsreich. Allerdings lassen die Autoren dabei kaum ein Klischee aus. Kluftinger lässt sich von seiner Frau die tägliche Kleidung rauslegen, hat vom Internet keine Ahnung und lebt auch sonst so sehr hinter dem Mond, dass es oft mit den Fähigkeiten Kluftingers als Kommissar kollidiert. Die Kombinationsgabe und Intuition, mit der er im Fall vorankommt, gehen ihm privat vollkommen ab. Ein Widerspruch, der sich nicht auflösen lässt. Davon abgesehen – und davon, dass die klischeehaften Fettnäpfchen reichlich nerven – bearbeiten Klüpfel und Kobr ein interessantes Kapitel der Geschichte. Und das macht – zu meiner Überraschung – Spaß zu lesen!

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