Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Håkan Nesser

Seiten: 287
Verlag: btb Verlag
Erscheinungsjahr: 2004
ISBN-Nummer: 3-442-72481-3

Mal wieder ein Überraschungsbuch, das seit vielen Jahren im Bücherregal darauf gewartet hat, gelesen zu werden. Håkan Nesser hatte seinen Durchbruch mit den Kriminalromanen um den Kommissar Van Veeteren, mit denen er mich aber nicht überzeugen konnte. Dass dieses Buch nicht zur Van Veeteren-Reihe gehört war mir lange nicht klar. Es steht für sich, ein wunderbares Buch, das in Schweden sogar zur Schullektüre gehört.

Nesser erzählt aus der Sicht des 14-jährigen Erik, der in den 1960er-Jahren mit seinem Freund Edmund und seinem älteren Bruder den Sommer verbringt. Seine Mutter liegt im Sterben, eine Tatsache, mit der Erik nicht umgehen kann und die er deshalb in die gedankliche Schublade der unerklärlichen Dinge steckt. In einer Hütte am See ist es leicht, das Leben zu genießen.

Kurz vor Ferienbeginn hatte die junge Aushilfslehrerin Ewa an ihrer Schule angefangen, die Jungs standen gerade auf dem Schulhof, als sie ankam.

„´Ich glaube, ich bepiss mich´ , sagte Benny und sperrte den Mund auf, als säße er beim Zahnarzt Slaktarsson und warte auf den Bohrer.

´Ja, ja, aber …`, stotterte Arsch-Enok. ´Das ist Kim Novak.`

Ich selbst sagte nichts. Zum einen, weil ich normalerweise nicht unnötig den Mund aufmachte, zum anderen, weil es mir die Sprache verschlagen hatte. Es war wie in einem Film. Nur noch besser.“

Die Jungs schwärmen von Ewa, doch es ist der ältere Bruder, mit dem sie eine Affäre beginnt. Kurz darauf wird ihr Verlobter ermordet aufgefunden.

Dieses Buch ist kein klassischer Kriminalroman. Es ist vielmehr eine Geschichte von Freundschaft und Heranwachsen, von den Unverständlichkeiten des Lebens und den verschlungenen Pfaden des Schicksals.

“Vielleicht wäre es das Ruhigste, wenn man sein ganzes Leben lang auf dem Plumpsklo säße und drauf scheissen würde, sich irgendwelchen Dingen auszusetzen. Mir wurde auch klar, dass Edmunds Theorie über die Seele, die im Körper herumwanderte, gar nicht so verrückt war. Man konnte sie problemlos finden, musste nur sehr hellhörig sein und richtig in sich reinhorchen. Gerade jetzt (…), da saß sie mitten in meinem Herzen. Es schien überhaupt so zu sein, dachte ich, dass sie sich ganz einfach da aufhielt, wo es im Augenblick am meisten wehtat.“

25 Jahre später schaut Erik auf diesen Sommer und seine Geschehnisse, den Mord und die Ermittlungen, bei denen sein Bruder als Täter verdächtigt wird, zurück. Håkan Nesser überrascht mit zahlreichen Wendungen, und einem Ende, das nicht alles verrät. Sehr lesenswert!!

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