Information Wars

Information Wars

Seiten: 314
Verlag: Information Wars
Erscheinungsjahr: 2019
ISBN-Nummer: 978-0-8021-4942-8

„How we lost the global battle against disinformation & what we can do about it“ lautet der Untertitel dieses Buchs. Richard Stengel liefert teils erschütternde Einblicke in die Arbeit des US-Außernministeriums im Kampf gegen Desinformation. Er weiß, wovon er redet: Er war in der Obama-Adminsitration Staatssekretär unter Außenminister Kerry und zuständig für ebendies: den Kampf gegen Desinformation.

Bevor Stengel ans State Departement berufen wurde, war er Herausgeber des renommierten Time-Magazins. Er versteht also zu Schreiben, was sein Buch über das trockene – und eher unschöne – Thema Desinformation lesenswert macht. „Information Wars“ ist weniger Sachbuch als Erfahrungsbericht. Die direkten Einblicke in die Welt der US-Politik fand ich höchst interessant, stets verwundert darüber, dass Stengel so unverhohlen darüber schreiben kann – musste das irgendwo abgesegnet werden?

Er beschreibt den mühseligen Ablauf von Sitzungen, von Entscheidungsprozessen, von Genehmigungsverfahren. Der Text eines simplen Tweets, der durch alle Instanzen muss und erst nach zwei Wochen freigegeben wird – wenn Sinn und Inhalt des Tweets längst hinfällig sind. Das ist zutiefst deprimierend und aufschlussreich.

Und Stengel schildert die Schwierigkeiten, denen er im Zuge seiner Arbeit begegnet.

“One of the things I‘d noticed in government is that people who had never been in media, who had never written a story or produced one, who didn‘t know about design or graphics, who didn‘t understand audiences or what they liked, seemed to think it was easy to create content. People had the illusion that because they consumed something. They understood how it worked.“

Dem kann ich nur beipflichten. Stengel erklärt großartig und verständlich auch für Laien, was Desinformation überhaupt ist und wie sie funktioniert.

“Disinformation is equally hard for us to fight because our adversaries use our strength – our openness, our free press, our commitment to free speech – against us. Our foes use free media just like political candidates do. They understand that our press‘s reflex toward balance and ´fairness` allows them to get their own destructive ideas into our information ecosystem. Vladimir Putin knows that if he says the sun revolves around the earth, CNN will report his claim and find an expert who will disagree with it – and maybe one who supports is just to round out the panel. This quest for balance is a journalistic trap that Putin and ISIS and the disinformationists exploit. In a fundamental way, they win when an accepted fact is thrown open for debate.“

Das ist das Ziel von jenen, die Desinformation verbreiten: Nicht, dass man ihr auf den Leim geht. Sondern, dass sie Zweifel sät an dem, was als Fakt anerkannt ist.

Stengels Arbeit im US-Außenministerium konzentriert sich auf die Akteure Russland und IS. Der Ukraine-Krieg hat noch nicht begonnen – aber seine Ursprünge, die Annexion der Krim etwa, spielen hier schon eine große Rolle. Sehr interessant zu lesen.

Am Ende kommt Stengel zu dem Schluss: „America doesn’t have a `fake news´problem – it has a media literacy problem.“ Auch dem kann ich nur voll und ganz zustimmen – gleiches gilt für Deutschland. Medienkompetenz müsste schon in Schulen eine größere Rolle spielen. Was Desinformation ist und wie man sie erkennt ist vielen schlicht unklar. Auch deshalb ist dieses Buch ein wichtiger und interessanter Beitrag in Sachen „Medienkompetenz schulen“.

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