Die vierte Hand

John Irving

Seiten: 436
Verlag: Diogenes
Erscheinungsjahr: 2001
ISBN-Nummer: 3 257 06303 2

Hätte ich dieses Buch gelesen, ohne zu wissen, wer der Autor ist, ich wäre nicht auf John Irving gekommen. Er ist einer meiner Lieblingsautoren, jedoch nerven mich manche wiederkehrende Erscheinungen in seinen Büchern. In diesem Buch kommen Maine oder New England allerdings gar nicht vor. Boston ist nur die Stadt, in der ein Handchirurg praktiziert und ein Bär erscheint nur ein Mal auf einem Foto. Ums Ringen geht es in diesem Buch überhaupt nicht.

“Die vierte Hand“ ist ein In-einem-Rutsch-durchlese-Buch und nun eines meiner liebsten Irving-Bücher. Die Charaktere sind wie immer skurril, aber realistisch, und die Geschichte hat eine schöne Prise Verrücktheit.

Patrick Wallingford, Journalist bei einem reißerischen 24-Stunden-Nachrichtensender in New York, verliert während einer seiner Reportagen seine Hand. Da dies auf nicht alltägliche Art und vor laufender Kamera geschieht wird er berühmter, als er es durch seinen Job je werden könnte.
Dabei ist er zwar ein unglaublich gutaussehender Typ, aber ohne herausstechenden Charakter oder besondere Qualitäten.

“Seine Exfrau hatte ihn mit der Grippe verglichen. ˋAls Du noch bei mir warst, Patrick, habe ich jede Stunde geglaubt, ich würde sterben´, hatte Marilyn zu ihm gesagt. ˋAber als du weg warst, kam es mir vor, als hätte es dich nie gegeben.´“

Doris Clausen ist eine Frau, die den Richtigen gefunden hat. Zwar ist sie nicht die Schönheit schlechthin, hat aber eine besondere Art, die die Männer anzieht. Ihr Mann stirbt tragisch – und Doris will seine Hand an Patrick spenden. Unter einer Bedingung: sie hat Besuchsrecht zur Hand ihres Mannes.

Dr. Zajac ist Bostons bester Handchirurg und auf der Suche nach einer Hand für Patrick. Er ist alles andere als ein alltäglicher Typ.

„Der Chirurg mit dem Transplantationsfimmel wurde von seinen Kollegen sowohl verspottet als auch beneidet. Er joggte zwanghaft, er aß fast nichts, er war ein Vogelnarr, dem es seit neuestem die Pantophagie eines überaus neurotischen Hundes angetan hatte. Außerdem bedrückte ihn die grenzenlose Seelenangst um seinen Sohn, den er kaum je zu Gesicht bekam.“

Zajac führt die zweite Handtransplantation überhaupt durch; Patrick lebt also eine Weile mit Ottos Hand und Doris an seiner Seite – eine unerwiderte Liebe.

„Dass er sich in Mrs. Clausen verliebt hatte, war auch deshalb so unglaublich, weil er erkannte, wie unwahrscheinlich es war, dass sie ihn jemals wiederlieben würde. Bislang hatte Patrick die Erfahrung gemacht, dass Frauen sich, zumindest anfangs, leicht in ihn verknallten; er hatte außerdem die Erfahrung gemacht, dass sie leicht über ihn hinwegkamen.“

Eine skurrile Liebesgeschichte, in der ein Dinge fressender Hund ebenso eine Rolle spielt wie eine Hand. Nicht nur die von Otto, sondern auch und vor allem die, die fehlt. Ein hinreißender Roman!

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