Der Turm der blauen Pferde

Bernhard Jaumann

Seiten: 329
Verlag: Galiani Berlin
Erscheinungsjahr: 2019
ISBN-Nummer: 978-3-86971-141-6

Sooooo viele Bücher waren da auf der Frankfurter Buchmesse, soooo viele Neuerscheinungen - und dieses Buch war dass einzige, das mich angemacht hat und das ich gekauft habe. „Der Turm der blauen Pferde“ - als Franz Marc-Fan wird man bei dem Titel aufmerksam. Denn das Bild des Malers mit ebendiesem Titel ist seit der Nazizeit verschollen. Und genau das macht Bernhard Jaumann zur Geschichte seines Kriminalromans. Eine gute Idee.

„Schwarzer ging zielstrebig auf eine Staffelei an der hinteren Wand des Raums zu. Er wartete, bis Rupert und Klara zu ihm aufgeschlossen hatten, nahm die Sonnenbrille ab, steckte sie in den Hemdausschnitt und zog mit einer fast achtlosen und gerade deswegen großspurig wirkenden Bewegung die Decke von dem Gemälde auf der Staffelei.

‘Das ist doch …‘, sagte Rupert.

‘Franz Marc, Der Turm der blauen Pferde‘, sagte Schwarzer. ‚Seit Kriegsende verschollen. Ich habe es letzten Dienstag gekauft. Für drei Millionen. Ein absolutes Schnäppchen, wenn es echt ist. Ist es Ihrer Meinung nach echt?‘“

In Zeitsprüngen in die Vergangenheit konstruiert Jaumann, was es mit dem Verschwinden des Bildes – und seiner Rückkehr – auf sich hat. Eine durchaus mögliche Geschichte, in deren Verlauf man mehr über das hätte lernen können, was die Nazis als entartete Kunst brandmarkten. Aber dies soll ein unterhaltsamer Kriminalroman sein; recherchierte historische Hintergrund-Informationen sind da wohl zu viel erwartet. Faktentreue ohnehin, bei einer fiktiven Geschichte eines ja in der Realität nach wie vor verschollenen Gemäldes.

„Der Turm der blauen Pferde“ ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern auch ein klein wenig Heimatroman – als Münchnerin haben mir die Schilderungen meiner Heimatstadt – und so manche Charakterisierung – gut gefallen.

„Wo war denn Kultur mehr als ein Freizeitvergnügen einer um Distinktion bemühten oberen Mittelschicht? Wo ließ denn jemand ein Theaterstück, ein Gedicht, ein Bild, eine Installation ans eigene Leben heran? Wahrscheinlich nirgendwo, doch Klara glaubte, dass München noch einen Tick schlimmer war als der Rest der Republik. Dass der schöne Schein hier noch ein wenig wichtiger war, die Selbstzufriedenheit noch ein wenig satter, die Oberflächlichkeit noch ein wenig ungebrochener. Das mochte am Wohlstand de Stadt liegen oder an der Angewohnheit, alles politisch und sozial Störende unter den Teppich zu kehren, oder auch nur an der Masse der Zugezogenen, deren einziges Ziel zu sein schien, als echte Münchner zu gelten. Jedenfalls fiel keinem mehr auf, dass Sein und Schein nicht das Gleiche waren.“

Das Buch von Bernhard Jaumann trägt als Untertitel den Hinweis „von Schleewitz Kunstdetektei – Erster Fall“. Es ist also davon auszugehen, dass noch weitere verschollene Gemälde die Protagonisten eines Kriminalfalls werden, oder auch berühmt gewordene Kunstfälschungen? Dem Dreier-Team um Rupert, Max und Klara von der Kunstdetektei dürften wir jedenfalls noch öfter begegnen – und warum auch nicht? Als unterhaltsame Urlaubsliteratur würde ich „Der Turm der blauen Pferde“ durchaus empfehlen.

Ausgewählte Bücher: