„Aan-dreh-aa“, wie die Hauptfigur von ihrer Chefin stets gerufen wird, ergattert aus unerfindlichen Gründen nach dem Studium einen Job, „um den Millionen junger Frauen sie beneiden würden“: Sie wird persönliche Assistentin von Miranda Priestly, der Herausgeberin des führenden Mode-Magazins „Runway“. Ein Jahr muss sie das durchhalten, um ihrem Traum ein Stück näher zu kommen: eines Tages für den „New Yorker“ schreiben zu können. Was nach einer machbaren Aufgabe klingt ist die Hölle auf Erden: Andrea muss nicht nur die stupidesten und unlösbarsten Aufgaben für Miranda erledigen und dabei stets wie aus dem Ei gepellt auftreten. Sie muss auch die Häme, den Neid und die Sprüche der Kolleginnen im Haifischbecken Modebranche ertragen – und die abwertenden Blicke, wenn sie sich doch mal etwas zu essen genehmigt. Und: Sie muss nahezu 24 Stunden am Tag für Miranda erreichbar sein.
„Für Miranda gab es einfach keinen Grund, warum das Handy nicht dauernd eingeschaltet sein sollte. Ich hatte immer erreichbar zu sein. Die zaghaften Einwände, die ich erhob, als Emily mir das Handy aushändigte, das zur Standardausrüstung jedes Runway-Mitarbeiters gehörte, und mir eintrichterte, auch ja jedes Gespräch anzunehmen, wurden locker vom Tisch gewischt. „Und wenn man gerade schläft?“ fragte ich zum Beispiel. „Dann stehst Du auf und nimmst das Gespräch an“, antwortete sie, während sie an einem gesplitterten Fingernägel herumfeilte. „Und wenn man in einem superschicken Restaurant sitzt?“ „Machst Du es wie jeder andere New Yorker und telefoniert beim Essen.“ „Und wenn ich beim Frauenarzt bin?“ „Der wird ja wohl nicht Deine Ohren untersuchen, oder?“
Das Buch gewährt tatsächlich einen schönen Einblick in eine völlig abnormale Welt. Wer die falsche Klamotte trägt, zu viel Pfunde auf den Rippen hat und nicht ergebendst den Launen und Anweisungen der Chefin folgt, hat verloren. Wer es tut, verliert auch: seine Würde, seine Freunde, seinen Partner. Andrea schafft es nicht, die beiden Parallelwelten in Einklang zu bringen, wenngleich sie es erstaunlich lange versucht.
„Aan-dreh-aa, sagen Sie in der Schule Bescheid, dass die Mädchen am Montag nicht kommen, weil sie noch bei mir in Paris sind, und schreiben Sie auf, was sie alles nachholen müssen. Dann verlegen Sie den Restauranttermin heute Abend auf halb neun, und wenn es nicht passt, sagen Sie ganz ab. Haben Sie das Buch aufgetrieben, nach dem ich Sie gestern gefragt habe? Ich brauche vier Exemplare – zwei in Französisch, zwei in Englisch – und zwar vor dem Treffen zum Dinner. Ach ja, und die Endfassung des gedruckten Menüs für die Party morgen – ich will meine Änderungen noch einmal durchgehen. Auf keinen Fall irgendwas mit Sushi, ist das klar?“
Das Interessante an dem Buch ist die Vorstellung, dass es einen realen Hintergrund hat: Miranda Priestly ist das Alter Ego von Anna Wintour, der „Vogue“-Herausgeberin, für die Autorin Lauren Weisberger als persönliche Assistentin gearbeitet hat. Sie weiss also, wovon sie schreibt. Nett ist, dass Wintour in dem Buch tatsächlich namentlich erwähnt wird:
„Das Stadthaus, in dem dieser illustre Kreis sich zusammengefunden hatte, mündete in einen kleinen, stilvoll gemauerten Hof, in dem ein Geiger sanfte Melodien bei Kerzenlicht spielte. Ich spähte hinaus und erkannte auf Anhieb Anna Wintour; in ihrem cremefarbenen, seidenen Hängerkleid und den Strass besetzten Manolo-Sandalen sah sie einfach traumhaft aus. Sie unterhielt sich angeregt mit jemandem, der ihr Freund sein mochte; ob er sie amüsiert, gleichgültig ließ oder zu Tränen rührte, ließ sich hinter der riesigen Sonnenbrille von Chanel allerdings nicht ausmachen. Die Presse zog gern Vergleiche zwischen Anna und Miranda, was ihre Launen und Unarten betraf, aber ich persönlich war der festen Überzeugung, dass kein Mensch auch nur annähernd so unerträglich sein konnte wie meine Chefin.“
Für den Strand oder das Krankenbett ist „Der Teufel trägt Prada“ eine nette, durchaus unterhaltsame Lektüre.