Das Schloß

Franz Kafka

Seiten: 342
Verlag: Aufbau-Verlag
Erscheinungsjahr: 2003
ISBN-Nummer: 978-3-7466-1616-2

Ein Buch wie ein Alptraum. Selten hatte ich beim Lesen so die Seitenzahlen im Blick, stets in dem Bestreben, das Buch möge sich doch bitte dem Ende neigen, der Leser erlöst sein.

 

Es macht keinerlei Spaß oder Freude, „Das Schloß“ zu lesen. Seitenlange Monologe, der vollkommene, menschgewordene Irrsinn, das Unverständnis der Hauptperson – all das quält. Und doch: man will weiterlesen, wissen, ob sich das Rätsel des Schlosses auflöst, ob der Protagonist K. nicht doch erlöst wird, gar dem finsteren Ort entfliehen kann.

K. ist Landvermesser und kommt als solcher in einen Ort, um dort im Auftrag des Schlosses tätig zu werden. Doch es gibt keine Arbeit für ihn. Alle im Dorf kennen ihn und wissen, wer er ist, aber niemand kann ihm behilflich sein. Nur im Schloß – oder bei dessen Gesandten – ist Aufklärung zu erwarten. Doch mit jemandem von dort zu sprechen ist ein Ding der Unmöglichkeit.

„Das Schloß, dessen Umrisse sich schon aufzulösen begannen, lag still wie immer, niemals noch hatte K. dort das geringste Zeichen von Leben gesehen, vielleicht war es gar nicht möglich, aus dieser Ferne etwas zu erkennen, und doch verlangten es die Augen und wollten die Stille nicht dulden. (…) Je länger er hinsah, desto weniger erkannte er, desto tiefer sank alles in Dämmerung.“

Auf der Suche nach Aufklärung darüber, weshalb er berufen wurde und wie er nun werde arbeiten können, erfährt K. – und der Leser – durchaus einiges über die Begebenheiten und Strukturen des Schlosses und des Dorfs und seiner Bewohner. Das Schloss selbst bleibt unerreicht, es steht für den Staatsapparat. Die Dorfbewohner leben in vorauseilendem Gehorsam, geißeln sich selbst, ohne jemals verurteilt worden zu sein – das perfekte System der Selbstkontrolle. Alles, was sich zwischen Schloß und Dorfbewohnern abspielt, ist symbolhaft für die Bürokratie; die vom Schloss Gesandten sind die Behörden und Ämter, die unerreichbaren, weil vermeintlich Dauerbeschäftigten.

“´Nun bitte ich aber Sie, Herr Sekretär, mir zu sagen, ob die Meinung der Frau Wirtin richtig ist, dass nämlich das Protokoll, daß Sie mit mir aufnehmen wollen, in seinen Folgen dazu führen könnte, daß ich vor Klamm erscheinen darf. Ist dies der Fall, bin ich sofort bereit, alle Fragen zu beantworten. In dieser Hinsicht bin ich überhaupt zu allem bereit.`- ´Nein`, sagte Momus, ´solche Zusammenhänge bestehen nicht. Es handelt sich nur darum, für die Klammsche Dorftegistratur eine genaue Beschreibung des heutigen Nachmittags zu erhalten. Die Beschreibung ist schon fertig, nur zwei, drei Lücken sollen Sie noch ausfüllen, der Ordnung halber; ein anderer Zweck besteht nicht und kann auch nicht erreicht werden`.“

“Wohin Sie auch kommen, bleiben Sie sich dessen bewußt, daß Sie hier der Unwissendste sind, und seien Sie vorsichtig“, wird K. eingangs gewarnt. Er bleibt unwissend. Und ist vielleicht der einzig Sehende.

Als K. letztendlich vorgelassen wird, des nächstens, findet er Schlafstätten vor, kleine Kammern, deren Zwischenwände nicht bis an die Decke reichen – wie in einer Behördenstube. Eine perfekte Parabel.

Die (unvollendete) Geschichte spielt sich im kurzen Zeitraum von einer Woche ab. Im Nachwort erfährt der Leser, laut Kafka habe K. in dem Dorf sterben sollen, an Entkräftung. Beinahe ist man froh, dass Kafka das Buch nicht zu Ende geschrieben hat, kann sich doch der Leser so ein versöhnliches Ende denken. Ein, wie gesagt, quälendes Buch – aber ein lesenswertes.

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