Das Haus der Schwestern

Charlotte Link

Seiten: 600
Verlag: Goldmann Verlag
Erscheinungsjahr: 1999
ISBN-Nummer: 3-442-44436-5

Mal wieder ein Buch, das seit mindestens 15 Jahren in meinem Bücherregal darauf gewartet hat, gelesen zu werden. Beinahe zurecht, bin ich versucht zu schreiben, wenngleich „Das Haus der Schwestern“ nicht weniger Unterhaltung bietet als all die anderen Drei-Sterne-Bücher auf dieser Seite.

Beim Haus der Schwestern handelt es sich um ein altes Gut im Norden Englands, umgeben von wunderschöner, öder Landschaft mit wenigen Menschen. Hier wollen Barbara und ihr Mann Ralph Weihnachten und Neujahr verbringen sowie seinen 40. Geburtstag feiern. Und sie wollen ihre Ehe auf den Prüfstand stellen. Schon lange leben sie aneinander vorbei: Sie, die erfolgreiche Prominenten-Anwältin und er, der sich Kinder wünscht und stets im Schatten seiner Frau steht.

“… unangenehm war nichts an Barbara gewesen. Neugierde wurde begleitet von einem lüsternen verlangen nach Sensation, und davon war nichts spürbar gewesen bei Barbara. Sie wirkte wie ein Mensch, der besessen ist von einem echten, brennenden Interesse an allem, was um ihn herum geschieht, an jedem, der seinen Weg kreuzt. Von einem Interesse, das auch die Hintergründe, die Vorgeschichte einer Begegnung kennen will, auch auf die Gefahr hin, dass die Sensation damit erklärbar wird und an Dramatik verliert. Barbara spähte nicht durchs Schlüsselloch, sie marschierte direkt ins Zimmer und fragte, was sie zu wissen begehrte.“

Zeit zum Reden haben sie, als sie kurz nach der Ankunft eingeschneit werden, mit nur wenigen Lebensmitteln und ohne Strom. Beim Holzhacken im Schuppen findet Barbara ein verstecktes Manuskript, das Frances Gray dort versteckt hat. Sie ist eine der Schwestern, in diesem Haus aufgewachsen und nach einigen Jahren in London hierher zurückgekehrt. Sie erzählt in dem Manuskript ihr Leben – das zu lesen ist für Barbara ein perfekter Zeitvertreib. So muss sie nicht mit Ralph über ihre Ehe reden und kann ein paar Stunden den nagenden Hunger vergessen. Das Manuskript bildet die eigentliche Geschichte des Buchs, während Barbara und Ralph in dem eingeschneiten Haus die Randgeschichte, den Rahmen, bilden.

Frances war nicht schön. Aber sie war stark und eigenwillig. Und damit das Gegenteil ihrer Schwester Victoria. Frances will mehr als nur heiraten, geht nach London und erteilt dem Mann, den sie seit ihrer Kindheit liebt, zwei Mal eine Abfuhr, als der um ihre Hand anhält. Dass er später Victoria heiraten wird bessert das Verhältnis der Schwestern nicht.

“Ich wenigstens kann sagen, ich habe meine Jugendzeit genutzt, wobei dahingestellt sein mag, ob ich sie immer vernünftig und sinnvoll genutzt habe. Jedenfalls habe ich mich nicht gedrückt, und ich war da, wo die Dinge geschahen. Ich habe mit den Frauenrechtlerinnen demonstriert und mit ihnen im Gefängnis gesessen. Ich hatte eine Affäre mit einem Mann, der sich später das Leben nahm. Ich wurde von der guten Gesellschaft gemieden und lebte in bitterer Armut. Ich war in Frankreich und habe geholfen, Soldaten zusammenzuflicken, die kaum noch wie Menschen aussahen. Und ich hatte jahrelang eine Beziehung mit dem Mann meiner Schwester, mit allen Skrupeln, Schuldgefühlen und Ängsten vor einer Strafe des Himmels, die dazu gehören.“

“Das Haus der Schwestern“ ist eine Familiengeschichte, und wer Charlotte Link kennt, wird ohnehin nicht viel Tiefgang erwarten. Dass die Erzählung am Ende noch eine dramatische Wendung nimmt ist überflüssig und unrealistisch. Die Geschichte von Frances Gray habe ich gerne gelesen. Die von Barbara hätte sich die Autorin sparen können.

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