Momo

Michael Ende

Seiten: 269
Verlag: K. Thienemanns Verlag
Erscheinungsjahr: 1973
ISBN-Nummer: 027136

Nach „Die unendliche Geschichte“ ist es nur folgerichtig, dass ich mich - 50 Jahre nach der Veröffentlichung - auch dem zweiten Klassiker von Michael Ende widme. Auch „Momo“ ist märchenhaft, mit ebenso ernstem Hintergrund.

Das kleine Mädchen Momo lebt am Rande einer großen Stadt in einem alten Amphitheater. Sie ist allein, ohne Familie, aber sie hat viele Freunde. Die Menschen – und vor allem: die Kinder – aus der näheren Umgebung kommen zu ihr. Denn Momo kann etwas wie kaum jemand anderer: Zuhören.

„Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, daß sie in ihm steckten. (…) Momo hörte allen zu, den Hunden und den Katzen, den Grillen und Kröten, ja, sogar dem Regen und dem Wind in den Bäumen. Und alles sprach zu ihr auf seine Weise.“

Doch mit der Zeit werden es immer weniger Menschen, die zu Momo kommen. Sie haben keine Zeit mehr. Sie sind ein merkwürdiges Geschäft eingegangen, an das sie sich später nicht mehr erinnern können – sie wissen nur noch, dass sie Zeit sparen müssen. Grund dafür sind die Eroberer: die grauen Herren.

“Man sah sie -, und man sah sie doch nicht. Sie verstanden es auf unheimliche Weise, sich unauffällig zu machen, so daß man einfach über sie hinwegsah oder ihren Anblick sofort wieder vergaß. (…) Sie fuhren in eleganten grauen Autos auf den Straßen, sie gingen in alle Häuser, sie saßen in allen Restaurants. Oft schrieben sie etwas in ihre kleinen Notizbüchlein. Es waren Herren, die ganz in spinnwebenfarbenes Grau gekleidet waren. Selbst ihre Gesichter sahen aus wie graue Asche. Sie trugen runde steife Hüte auf den Köpfen und rauchten kleine, aschenfarbene Zigarren. Jeder von ihnen hatte stets eine bleigraue Aktentasche bei sich.“

Es sind diese grauen Herren, die den Menschen die Zeit rauben, sie brauchen sie zum Leben. Momo erkennt das, und macht sich, geführt von der Schildkröte Kassiopeia und unter Anleitung von Meister Hora, daran, die Menschen zu retten.

„Momo“ ist etwas ernster als „Die unendliche Geschichte“. Und etwas weniger phantastisch, es sind weniger Figuren im Spiel. Aber das tut der Geschichte keinen Abbruch. Sie erinnert einen an den Wert der Zeit. Auch „Momo“ ist eher ein Buch für Erwachsene, als für Kinder. Lesen!

“`Dann sind die grauen Herren also gar keine Menschen?`´Nein, sie haben nur Menschengestalt angenommen.`´Aber was sind sie dann?`´In Wirklichkeit sind sie nichts.`´Und wo kommen sie her?`´Sie entstehen, weil die Menschen ihnen die Möglichkeit geben, zu entstehen.` (…) ´Und wenn sie keine Zeit mehr stehlen könnten?`´Dann müßen sie ins Nichts zurück, aus dem sie gekommen sind.`

 

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