Inzwischen war ich drei Mal in „Mittelerde“, ganz ohne eines der Bücher von Tolkien gelesen zu haben. Nun, nachdem ich zumindest die Filme mal angeschaut habe, habe ich dieses Büchlein doch mal zur Hand genommen. Ich habe es von meinem Grundschulfreund zum Geburtstag geschenkt bekommen, sehr lang ist das her. Mir war das damals zu viel Text, und auch später noch schien mir alles zu klein und zu eng gedruckt. Das Buch hat mich rein von seiner Aufmachung einfach nicht „angemacht“.
Was für ein Schmarrn. Ich hätte es einfach lesen sollen. Viel, viel früher. „Der kleine Hobbit“ ist einfach eine wunderbare Ent- und Einführung in eine Phantasiewelt, die man nicht mehr verlassen möchte. Nach dem Lesen habe ich mir sofort die „Herr der Ringe“-Trilogie gekauft!
Muss ich überhaupt erzählen, worum es in diesem Buch geht? Vielleicht erstmal: Was ist ein Hobbit?
„Sie sind (oder waren) ungefähr halb so groß wie wir und kleiner als die bärtigen Zwerge (sie tragen jedoch keine Bärte). Es ist wenig, sozusagen gar nichts, von Zauberei an ihnen, ausgenommen die alltägliche Gabe, rasch und lautlos zu verschwinden, wenn großes dummes Volk wie du und ich angetapst kommt und Radau macht wie Elefanten, was sie übrigens eine Meile weit hören können. Sie neigen dazu, ein bißchen fett in der Magengegend zu werden. Sie kleiden sich in leuchtende Farben (hauptsächlich in Grün und Gelb). Schuhe kennen sie überhaupt nicht, denn an ihren Füßen wachsen natürliche, lederartige Sohlen und dickes, warmes, braunes Haar, ganz ähnlich wie das Zeug auf ihrem Kopf (das übrigens kraus ist). Die Hobbits haben lange, geschickte, braune Finger, gutmütige Gesichter, und sie lachen ein tiefes, saftiges Lachen (besonders nach den Mahlzeiten; Mittagessen halten sie zweimal am Tag, wenn sie es bekommen können). Nun, das sei vorerst genug, und wir wollen fortfahren.“
Der kleine Hobbit Bilbo Beutlin bekommt Besuch. Zwerge schauen eines Nachmittags vorbei. Nicht nur einer oder zwei, sondern dreizehn sitzen plötzlich bei ihm im Wohnzimmer, machen Krach und essen seine Vorräte. Dahinter steckt der Zauberer Gandalf, der Bilbo den Zwergen als exzellenter Meisterdieb empfiehlt. Denn die Zwerge haben eine Mission: Sie wollen sich ihren Schatz zurückholen, der unter dem Einsamen Berg liegt. Das Problem: Der Einsame Berg ist weit weg, der Weg dorthin von zahlreichen Gefahren gesäumt – und der Schatz wird vom bösen Drachen Smaug bewacht, der ihn als sein Eigentum ansieht. Sie verpflichten Bilbo, sie als Meisterdieb zu begleiten. Der ist darüber „not amused“, schlägt sich aber während der zahlreichen Abenteuer tapfer und gewinnt zunehmend an Ansehen unter den Zwergen. Bis sie den Berg erreicht haben.
„Aber den langen Tunnel herauf kam aus den fernsten Tiefen der fürchterliche Widerhall von Gebrüll und Getrampel, das den Boden unter ihnen erzittern ließ. Da vergaßen die Zwerge augenblicks ihre Freude und ihre selbstzufriedene Prahlerei. Voll Angst hockten sie sich hin. Mit Smaug mußten sie eben doch noch rechnen. Es ist nicht gut, wenn man einen lebenden Drachen übersieht, noch dazu, wenn man gleich neben ihm lebt. Drachen können zwar keinen sinnvollen Gebrauch von ihrem Reichtum machen, aber in der Regel kennen sie ihren Besitz bis aufs Gramm, besonders, wenn sie sehr lange darauf gelegen haben. Und Smaug war keine Ausnahme.“
„Der kleine Hobbit“ ist ein Kinderbuch, aber eines, das auch Erwachsene unterhält. Und vor allem ist es die Hinführung zu dem großen Werk „Herr der Ringe“. Hier tauchen jene Gestalten auf, die später erneut eine zentrale Rolle spielen werden. Und nicht nur die Gestalten.
„´Gut, aber schnell` sagte Bilbo, erleichtert bei dem Gedanken, dass Gollum fortgehen wollte. (…) Aber er irrte sich. Gollum beabsichtigte durchaus, zurückzukommen. (…) Nicht weit weg lag seine Insel, von der Bilbo nichts wußte. Dort hatte er wertlosen Kram versteckt, darunter aber etwas ganz Wunderbares, eine Kostbarkeit: Es war ein Ring, ein goldener Ring, ein kostbarer Ring. (…) Er wollte den Ring holen, denn der Ring war ein Kleinod von besonderer Macht. Wer íhn auf den Finger steckte, wurde unsichtbar.“
Ich mag Tolkiens Erzähl-Stil. Immer wenn es droht, sich zu ziehen, scheint er es selbst zu merken, und kürzt ab, mit Formulierungen wie „Doch das hat noch eine Weile, und so kann ich euch in der Zwischenzeit etwas über die Ereignisse erzählen.“ Auch wenn man ahnt, wie die Reise und das Abenteuer enden, bleibt der Spannungsbogen erhalten und stellenweise wundere ich mich, dass dies tatsächlich ein Kinderbuch ist, kommt doch durchaus die ein oder andere Grausamkeit darin vor.
Nun bin ich angefixt – und hab schon mit „Herr der Ringe“ angefangen. Ich bin sehr gespannt!