„´Die Große Reichshalle ist das größte Gebäude auf Erden. Sie erhebt sich in eine Höhe von über einem Viertel Kilometer, und an bestimmten Tagen – wie etwa heute – verschwindet die Spitze ihrer Kuppel aus der Sicht. Die Kuppel selbst misst 140 Meter im Durchmesser, und der Petersdom zu Rom passt 16mal hinein.ˋ Sie hatten das Ende der großen Allee erreicht und fuhren auf den Adolf-Hitler-Platz.“
Erzählt wird eine Woche im April 1964. Es ist kurz vor Hitlers 75. Geburtstag. Berlin bereitet sich auf die Große Parade vor, die Fassaden sind geschmückt, Touristen strömen in die Stadt. Aus dem Wannsee wird eine Leiche gezogen. Xaver März, SS-Sturmbannführer und Mordfahnder der Berliner Kriminalpolizei übernimmt die Ermittlungen. Das war nicht geplant – März ist keiner der Angepassten und Folgsamen, er denkt und handelt selbständig. Auch bei der Aufklärung dieses Mordes gräbt er tiefer als er sollte und kommt, gemeinsam mit einer amerikanischen Journalistin, der Schreckensherrschaft allmählich auf die Spur.
“´Sagen Sieˋ, sagte er, ´was erzählt man sich in Amerika über die SS?ˋ Sie rollte mit den Augen. ´Ach bitte, März. Nicht. Wir wollen uns doch einen schönen Abend nicht verderben.ˋ ´Ich meine es ernst. Ich möchte es wissen.ˋ Er musste sie mühsam zu einer Antwort überreden. ´Na schön, Mörderˋ, sagte sie schließlich. ´Sadisten. Das personifizierte Böse. Alles. (…) Noch Fragen?ˋ ´Lebt Winston Churchill noch?ˋ ´Ja. Er ist jetzt ein alter Mann. In Kanada. Da lebt er.ˋ (…) ´Und die Juden?ˋ, fragte März. ´Was haben wir ihnen nach Meinung der Amerikaner angetan?ˋ Sie schüttelte den Kopf. ´Warum tun Sie das?ˋ ´Bitte. Die Wahrheit.ˋ ´Die Wahrheit? Woher soll ich wissen, was die Wahrheit ist? (…) Uns hat man beigebracht, an die Deutschen wie an etwas aus einer anderen Welt zu denken. Für Wahrheit ist da kein Platz.ˋ ´Nun gut. Dann erzählen Sie mir die Propaganda.ˋ“
Es ist gewagt, eine Geschichte in die Zeit des erdachten Hitlerreichs zu setzen, doch Robert Harris schildert die Begebenheiten solide und nachvollziehbar. Der bzw die Mordfälle selbst hätten nur bedingt einen lesenswerten Roman abgegeben, das Setting ist es, das dem Buch den interessanten Dreh gibt. Dass das auch mit einer Liebesgeschichte verquickt wird ist wohl der Erzählart des Autors geschuldet und wäre definitiv verzichtbar. Alles in allem aber kann man sich diesem leicht lesbaren Gedankenspiel durchaus widmen.