Titan

Robert Harris

Seiten: 527
Verlag: Heyne
Erscheinungsjahr: 2009
ISBN-Nummer: 978-3-453-43547-6

"Unterhaltsame Geschichts-Schinken" könnte man die Bücher von Robert Harris nennen. Historische Figuren oder Ereignisse werden in Romanform dargestellt, basierend auf gut recherchierten Fakten. Was vor allem deshalb eine Leistung ist, weil sich die Handlungen meist in der Zeit vor Christi Geburt ereignet haben.

Schon „Pompeji“ fand ich aus diesen Gründen – ungeachtet des nicht zu leugnenden Kitschfaktors – lesenswert. Auch mit „Titan“ kann man nicht viel falsch machen – selbst wenn man sich nicht für römische Geschichte interessiert, ist man gut unterhalten.

Robert Harris hat sich das Leben Ciceros für sein Werk vorgenommen, Cicero ist der „Titan“. Wobei dieses Buch so etwas wie der „zweite Band“ ist, der beginnt, als Cicero Konsul von Rom wird. In „Imperium“ schildert Harris Ciceros Aufstieg zur Macht – was mir erst klar wurde als ich schon mit „Titan“ begonnen hatte. Wer also die „ganze Geschichte“ lesen möchte, sollte mit „Imperium“ beginnen (von dem ich allerdings nicht sagen kann, ob es sich zu lesen lohnt).

Geschildert wird Ciceros Leben aus Sicht seines engsten Mitarbeiters, Tiro, eine Art Sekretär, sein wichtigster Sklave.

„Ich sah Cicero an, dass ihm die Argumente einleuchteten. Nicht der geringste der Gründe, warum ich ihn trotz all seiner Fehler liebte, war der, dass er über die meiner Meinung nach faszinierendste Form des Mutes verfügte: über die Tapferkeit des ängstlichen Mannes. Wenn ein Mann seinem eigenen Leben keinen Wert beimisst oder nicht den Verstand besitzt, Gefahren einzuschätzen, dann kann schließlich jeder dumme Draufgänger ein Held sein. Aber die Gefahren zu begreifen, vielleicht anfangs sogar zurückzuweichen, dann aber alle Kraft zusammenzunehmen, um sie doch zu überwinden – das ist in meinen Augen die rühmenswerteste Form von Heldenmut, und das war es, was Cicero an jenem Tag zeigte. „

Auch Tiro hat tatsächlich gelebt und eine Biografie Ciceros verfasst, die aber beim Untergang des Römischen Reichs verloren ging. Es ist aber belegt, dass Tiro der erste war, der eine Senatsrede im Wortlaut mitschrieb – und dafür eine Art Steno-Schrift erfand, die in Teilen noch heute in Gebrauch ist.

„Titan“ ist in zwei Teile gegliedert: der erste behandelt das Jahr des Konsulat, der zweite die Zeit danach. Ich fand den ersten Teil weitaus fesselnder; wäre auch der zweite Teil so gewesen, hätte ich vier Sterne vergeben. Es mag eher der Handlung als der Erzähl-Art geschuldet sein, dass die Geschichte etwas abflaut.

Fasziniert hat mich, dass durch die Erzähl-Perspektive und die Nähe zum Konsul und dem Senat diese Seite als die vermeintlich „gute“ aufgefasst wird. Die Seite des Volkes, „des Pöbels“, ist stets mit Aufruhr und Rebellion verbunden und wird als „etwas zu bekämpfendes“ dargestellt. Dabei geht es letztendlich um nichts anderes, als dass jene, die über Besitz und Reichtum verfügen, diesen wahren und vermehren wollen, und zwar auf Kosten des Volkes. Die Kämpfer für das Volk sind die Bösewichte in diesem Buch, obwohl sie in der realen Welt wohl in der Regel (je nach politischer und gesellschaftlicher Einstellung des Lesers) die „Helden“, zumindest aber „nur“ die Revolutionsführer wären.

An die vielen verschiedenen lateinischen Namen gewöhnt man sich beim Lesen recht schnell. Es empfiehlt sich, die Anmerkungen des Autors, den Glossar und das Personenverzeichnis am Ende des Buchs gleich zu Beginn zu lesen, es erleichtert das Verständnis.

Ausgewählte Bücher:

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22 Bahnen


Caroline Wahl
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Moby-Dick


Herman Melville
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Menschenwerk


Han Kang