“Mit so etwas wie Reue starrte Adam auf die Stelle, aber dann rief er sich ins Gedächtnis, dass Sanchez selbst schuld war. Sanchez hatte die Entscheidung getroffen, die letztlich zu seinem Tod geführt hat, nicht Adam. Wenn er jemanden ohne Anlass umgebracht hätte, wenn er jemanden ermordet hätte oder wenn jemand gestorben wäre, weil ihm ein Fehler unterlaufen war, dann hätte er allen Grund, sich schuldig zu fühlen. Wenn er beispielsweise einen Unfall verursacht hätte und jemand dabei umgekommen wäre, würde er selbstverständlich die Verantwortung übernehmen. Aber diese Sache hier war etwas ganz anderes. Das war kein Unfall gewesen, sondern Notwehr.“
Sanchez, der Einbrecher, war nicht alleine im Haus. Sein Komplize konnte entkommen – und sinnt auf Rache. Er will Adam Bloom und seine Familie zerstören – und wer ist da besser geeignet, als Marissa.
“Panik“ ist ein moderner Krimi, bei dem man noch vor der Hälfte des Buchs zu wissen meint, wie es weitergeht. So ganz stimmt das nicht – denn es ist nicht ganz die klassische Kriminalgeschichte „Böser wird gejagt und am Ende wird alles gut“. Als Film wäre das ein wenig dröge; als Buch ist es recht gute Unterhaltung. Dabei sieht sich Adam selbst schon als Protagonist eines Films – als Helden.
“So richtig war es noch nicht in sein Hirn gedrungen: Das New York Magazine wollte ihn interviewen. Beruhte Saturday Night Fever nicht auf einem Artikel im New York Magazine? Nun ja, offenbar ging seine Phantasie mit ihm durch, aber was schadete das schon? (…) Wer würde wohl seinen Part in dem Film übernehmen? Tom Hanks oder Russel Crowe? Hanks war vielleicht doch zu ernst, zu rührselig, aber Crowe? Ja, Crowe besaß genau die richtige Mischung aus Verletzlichkeit und Härte. Er konnte ihn bereits vor sich sehen: Russel Crowe als Adam Bloom, ein Mensch, der einfach seinen Job macht und sein Leben lebt. (…) Der Film, würde bestimmt ein paar Millionen einspielen. Jeder mochte Geschichten über wahren Heldenmut.“
Was mir wirklich an diesem Buch gefallen hat ist die psychologische Doppeldeutigkeit. Jason Starr erzählt die Geschichte aus den Perspektiven aller Akteure. Ich lese immer gern, wie eine Situation aus verschiedenen Blickwinkeln erlebt wird, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen dabei sind. Starr schildert aber auch ein ganz normales Leben in der New Yorker gehobenen Gesellschaft: das sorglose Nebeneinander, die Oberflächlichkeit, das Unglück einer Ehe, in der beide Ehepartner fremd gehen, weil sie sich nur so am besten selbst belügen können.
Dass der zweite Einbrecher Johnny Long, der Unglücksbringer, letztendlich die gleichen Charakterzüge an den Tag legt, wie Adam Bloom, jene Charakterzüge, die seine Tochter so verachtet und in die sie sich bei „Xan“ – wie sich Johnny nennt – verliebt, ist ein weiterer schöner Move.
“So war das eben bei reichen Leuten, sie töteten einen Menschen in ihrem Haus, ließen die Wände ausbessern und streichen und lebten dann ihr reiches, glückliches Leben weiter. Abschaum wie Johnny und Carlos scherte die einen Dreck. Die glaubten, sie stünden meterhoch über allen anderen, aber sieh an, wer jetzt das Sagen hatte! Sie glaubten vielleicht, sie wären ihre Probleme nun los, fühlen sich sicher und beschützt, aber jetzt war Johnny wieder da, in ihrem Haus – als geladener Gast! Wer außer Johnny Long hätte so ein Kunststück fertiggebracht? Er hielt sich ja schon für den größten Casanova auf dem Erdball und den neuen Jackson Pollock, aber jetzt hatte er das Gefühl, dass für ihn nichts unmöglich war.“
„Panik“ ist kein philosophisches Buch – und doch habe ich einen Lieblingssatz. Weil das nicht so oft vorkommt will ich ihn hier notieren. Und empfehle das Buch jenen, die gerne mal in ein modernes, gehobenes Alltagsleben reingucken und zusehen wollen, wie es auseinanderbricht. Nicht schön. Aber gerade in den USA auch nicht ganz unmöglich.
“Niemand blieb auf ewig zornig, und niemand blieb auf ewig glücklich. Wer sich zu sehr auf seine Gefühle fixierte, würde mit Sicherheit enttäuscht werden.“