Eskandar geht über den Berg, arbeitet schon als Junge für die Briten und erlebt so, wie sie das erste Mal im Iran auf Öl stoßen. Öl, das dem Iran selbst nichts einbringen wird.
“Der Arab und der König haben den Farangi den Boden verpachtet und ihnen das Recht verkauft, nach Naft, nach Petroleum zu suchen. Hodjat erzählt vom Pfauenthron, der Hauptstadt Teheran, von der Verfassung und dem Parlament, das es seit Kurzem im Iran gibt, und vom König, der ein Feigling und ein Versager ist.“
Das ist Anfang des 20. Jahrhunderts – und die Kriege und Kämpfe, die es innerhalb des Iran und zwischen den Staaten gibt, begleiten die Geschichte. Eskandar ist Diener und Mutmacher, Kleidungsverkäufer und Regierungsangestellter – aber vor allem ist er Geschichten-Erzähler. Er hat Lesen und Schreiben gelernt und hält seine Erlebnisse und die Entwicklung des Iran fest.
“Ein halbes Jahrhundert lang bin ich nun in dieser Welt, das ist eine lange Zeit, überlegt Eskandar-Agha, setzt sich an den Straßenrand und notiert rasch ein paar Zeilen in seinen Block: Aus meiner Vergangenheit sind mir nur einzelne Bilder geblieben, nicht mehr als Bruchstücke. Als wäre es nicht mein Leben, sondern das eines Fremden, als wäre es eine Geschichte, die ein anderer mir erzählt hat. Es ist gut, dass ich mir alles aufschreibe, damit die Erinnerung nicht vollständig verloren geht.“
Das Tempo des Buchs ist nicht ausgewogen. Vielleicht ist es so wie im wahren Leben: Je älter man wird, desto schneller vergeht die Zeit. Während die jungen Jahre Eskandars, sein Verhältnis mit seiner Herrin, seine Flucht, die zunächst unfreiwillige Ehe ausführlich erzählt werden, wirkt die Geschichte im letzten Drittel gehetzt. Vieles bleibt unerwähnt – der Einfluss Khomeneis etwa, die Revolutionsgarden oder die Perspektive der Schah-Anhänger. Das wird nur gestreift, am Rande erwähnt. Ganz anders als in „Das Haus an der Moschee“, das ebenfalls im Iran spielt (siehe jüngste Buchbesprechung!), und vor allem diese Darstellung fokussiert. Dabei ist nun „Eskandar“ kein „Lese-Ausgleich“, bei dem man die andere Perspektive spannend miterleben würde; denn der Protagonist, Eskandar, hält sich aus allem Politischen raus. Gerade das Politische aber, aus der persönlichen Sicht, den Erlebnissen des „Geschichten-Erzählers“, wäre interessant gewesen.
So scheint Eskandar immer auf der richtigen Seite im Leben zu stehen; er ist klug und nutzt das. Aber das ist leider auch ein bißchen langweilig.
Was man dagegen anschaulich und eindrücklich aus diesem Buch lernt, ist, wie stark der Iran viele Jahrzehnte unter dem Einfluss anderer Staaten stand und wie wenig das Land selbst von den eigenen Bodenschätzen profitieren konnte. Eine gute Grundlage, um politisch zu werden – dies hat die Autorin leider nicht wirklich genutzt.