Nach diesem gefühlt halben Leben habe ich mich nun also selbst daran gemacht, an diesen Schinken, der die Artus-Sage als Grundlage für eine phantastische Geschichte nutzt – phantastisch im Sinne von „Fantasy“.
Erzählt wird aus der Sicht von Morgaine, Artus‘ Schwester und Irgendwie-Herrin vom See, also von Avalon. Dem Reich, das immer mehr in den Nebel verschwindet, je mehr das Christentum um sich greift und die Menschen vergessen, dass einst Frauen die Macht hatten – und zu den Göttern, der Göttin, gebetet wurde.
„‚… aber die Anhänger Christi (…) verkünden, er allein habe die Erde erschaffen und er allein herrsche über sie. Sie behaupten auch, die Sterne, die Menschen, die Tiere und die Pflanzen seien allein sein Werk.‘ Igraine schlug schnell das heilige Zeichen bei dieser Gotteslästerung. ‚Aber das kann doch nicht sein‘, wandte sie ein. ‚Kein Gott kann allein über alle Dinge herrschen… und die Göttin, die Mutter…?‘ ‚Sie glauben,‘ sagte Viviane mit ihrer dunklen, sanften Stimme, ‚dass es keine Göttin gibt. Denn das Wesen der Frau, so behaupten sie, sei das Wesen alles Bösen. Durch die Frau, so sagen sie, kam das Böse in die Welt, und sie beweisen das mit der unwahrscheinlichen Geschichte von einem Apfel und einer Schlange.'“
Es geht darum, daß Verschwinden Avalons zu verhindern – was schwieriger ist als gedacht, denn Artus, der mit Hilfe Avalons überhaupt erst König wurde, und der geschworen hat, das Reich zu schützen, steht unter den Einfluss seiner höchst religiösen Gattin. Dass er seine Unbesiegbarkeit nur dem Schwert Excalibur verdankt, das er von der Herrin Avalons bekommen hat, vergisst er zunehmend.
Seine Schwester Morgaine soll mithelfen, all das zu verhindern. Sie kommt als junges Mädchen nach Avalon und wird dort, unter der Obhut von Viviane, deren Nachfolgerin als „Herrin vom See“ sie werden soll, zur Priesterin ausgebildet.
„Aufrecht und starr stand sie, gefangen in der Spannung des Zaubers, hob die Arme hoch über den Kopf, streckte sie aus, die Handflächen dem Himmel zugewendet, dann stieß sie schnell den Atem aus, ließ die Hände sinken – und mit ihnen sanken sich die Nebel herab. Das Boot glitt durch den dicken, undurchdringlichen Nebel, der sie wie dunkle Nacht umgab. Viviane hörte, wie Morgaine in der Dunkelheit ängstlich wie ein erschrockenes Tier schneller atmete; sie wollte sprechen, um dem Mädchen zu versichern dass nichts zu befürchten sei, beschloss dann aber zu schweigen. Morgaine war jetzt eine Priesterin in der Ausbildung, und sie mußte Lernen, die Angst ebenso zu besiegen wie Müdigkeit, Hunger und Mühsal.“
„Die Nebel von Avalon“ ist ein Schinken, ein Epos, ein Frauenbuch. Es geht um Liebe und Intrigen und Glaube, um ewige Verbundenheit und die Hoffnung auf Erlösung. Das ist meist kurzweilig erzählt, kann aber mitunter etwas nerven, und nach den elfhundert Seiten hatte ich erstmal genug davon. Die drei Folgebände werden wohl noch eine ganze Weile im Regal darauf warten müssen, gelesen zu werden, aber nach einem gefühlt halben Leben kommt es darauf auch nicht mehr an.