“Die Klavierspielerin“ ist eines der bedeutendsten Werke Jelineks und kam in den Kritiken recht gut an. Wenngleich die Geschichte keine angenehme ist; der Leser wird gefordert und muss sich mitunter überwinden, weiterzulesen – die Protagonisten sind nicht sehr sympathisch.
Da ist Erika Kohut, die Hauptperson, die bei ihrer herrschsüchtigen Mutter lebt, mit ihr sogar in einem Ehebett schläft.
„Bald ist die Neubauwohnung beinahe anzahlungsreif. Die Mutter schmiedet täglich einen neuen Plan und verwirft ihn wieder, weshalb die Tochter auch dann, in der neuen Wohnung, mit ihr in einem Bett wird schlafen müssen. (…) Die Mutter richtet Erikas Zimmer in der Neuwohnung jeden Tag aufs neue und immer raffinierter als das vorherige Mal ein. Doch von einem Tochterbett kann nicht die Rede sein. Ein bequemer Fauteuil wird das Äußerste an Zugeständnissen sein.“
Da ist die Mutter, die aus ihrer Tochter eine weltberühmte Pianistin machen will, doch die hat es nur zur Lehrerin am Konservatorium geschafft. Wie die Mutter ist auch Erika emotional und sexuell verkümmert, „sie ist empfindungslos wie ein Stück Dachpappe im Regen“, und versucht, ihre Gefühle durch den Besuch von Peep-Shows und dem Beobachten von fremdem Sex zu stimulieren.
Und da ist der Klavierschüler Walter Klemmer, der sich vornimmt, Erika zu erobern, zum Leidwesen der Mutter. Erika indes ist nur zu einem sado-masochistischen Verhältnis im Stande.
“Verspotte mich und nenne mich blöde Sklavin und schlimmeres, erbittet sich Erika des weiteren schriftlich. Beschreibe bitte immer lauthals, was Du gerade unternimmst, und beschreibe Steigerungsmöglichkeiten, ohne dich jedoch in deiner Grausamkeit tatsächlich zu steigern. Sprich darüber, doch deute Handlungen nur an. Drohe mir, aber ufere nicht aus. (…) Es zuckt in Klemmer nach einem Tritt, dessen Ziel Erika wird. Erika sieht auf den Mann. Sie ist einmal ein Kind gewesen und wird es nie wieder sein.“
Faszinierend ist die Sprache dieses Buchs, die so emotions- und teilnahmslos wie die Hauptakteurin die Geschehnisse schildert. Eingangs etwas gewöhnungsbedürftig, ist es doch genau die distanzierte Erzählung, die dem Inhalt das Surreale gibt, im Verhältnis Mutter-Tochter ebenso wie im vermeintlichen Liebes-Begehren, dessen eine Seite, Klemmer, nur eine weitere Selbstbestätigung sucht (und sie schließlich bekommt, wenn auch anders als erwartet) und dessen andere Seite, Erika, mit all dem irgendwie nichts zu tun hat.
Ein merkwürdiges Buch, eine ungewöhnliche Geschichte, kein Page-Turner, aber auch kein Mist. Eine Herausforderung.