Die Fremde in meinem Haus

J P Delaney

Seiten: 382
Verlag: Penguin Books
Erscheinungsjahr: 2022
ISBN-Nummer: 978-3-328-60288-0

Eine Notlektüre während des Urlaubs, einem Buchtausch-Regal entnommen, erweist sich als sehr gute Unterhaltung. Und bestätigt, dass der Autor kein One-Book-Wonder ist.

J.P. Delaney – das kommt mir bekannt vor. Groß ist die Auswahl in dem Bücherregal nicht, aus dem ich mit notgedrungen im Urlaub ein Buch raussuchen will, also schaue ich in meinem Blog nach. Und siehe da: „The Girl Before“ hieß das Buch, mit dem der Autor bekannt wurde – von dem Werk war ich damals positiv überrascht.

Auch „Die Fremde in meinem Haus“ ist besser als erwartet. Delaney erzählt die Geschichte aus drei Perspektiven: Susie, ihrem Mann Gabe und der einst zur Adoption freigegebenen Sky, später Anna. Die nimmt 15 Jahre später Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter auf – und schreibt dazu, sie sei wahnsinnig unglücklich. Keine einfache Situation.

“Wenn Anna Probleme hat, die durch die Adoption entstanden sind, ist das meine schuld, nicht wahr? Ich habe sie damals weggegeben, also bin ich jetzt auch dafür verantwortlich, eine Lösung zu finden. Und ich weiß, dass es nicht fair ist, dich zu bitten, mich bei dieser Mission zu begleiten, Gabe, weil Anna nicht deine leibliche Tochter ist. Ich bitte dich dennoch darum.“

Erwartbare Sätze in so einer Geschichte, allein, sie stimmen so nicht. Was damals wirklich geschehen ist, erfährt Gabe erst später, als sich Sky zum berechnenden Monster entwickelt. Was man so nicht mehr schreibt, wenn man ihre Sichtweise liest: Sie leidet an einer psychotischen Störung. Sie ist gewalttätig – auch gegen Susie und Gabe.

„Mit einem schrillen Schrei hechtete sie sich auf mich. Ich versuchte sie abzuwehren, aber mein Stuhl kippte um, und ich stürzte auf den Boden. Instinktiv rollte ich mich auf die Seite und schützte meinen Bauch. Sky hockte sich auf mich und hob die Faust …“

Delaney greift ein Thema auf, das in der gesellschaftlichen Debatte nicht viel Aufmerksamkeit bekommt: Gewalt durch Kinder. Speziell die negativen Folgen, die eine Adoption auf die Psyche von Heranwachsenden haben kann: Bindungsstörungen. Im Nachwort erläutert er die Zusammenhänge und die tatsächliche Situation in Großbritannien.

Zu Beginn des Buchs war ich stellenweise etwas genervt. Die Figur Susie war mir unsympathisch, zu stereotyp. Es gab zwei Ungereimtheiten. Doch die lösen sich auf, es sind keine Logikfehler, wie ich dachte, sondern sie haben Gründe, die später aufgelöst werden. Der Spannungsbogen funktioniert insofern gut, dass man stets Schlimmes und Schlimmeres erwartet – und deshalb eigentlich kaum weiterlesen will.

Das zweite Buch also von J.P. Delaney, das mich positiv überrascht hat. Es wird sicher nicht das letzte sein, das ich von ihm lese.

Ausgewählte Bücher:

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The Spy Coast


Tess Gerritsen
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Der Bruder


John Katzenbach