Der Retter

Mathijs Deen

Seiten: 378
Verlag: mare Verlag
Erscheinungsjahr: 2024
ISBN-Nummer: 978-3-86648-707-9

Das nächste Buch aus dem Lesekreis. Vom Autor oder dieser Reihe habe ich noch nie gehört. Könnte interessant sein, denke ich - und werde nicht enttäuscht.

Das Beste an diesem Buch ist seine Atmosphäre. Ich liebe die Nordsee, bin sehr gerne auf einer der Inseln, erkunde das Schauspiel von Ebbe und Flut oder dümpel auf einem Kutter an Sandbänken mit Seehunden vorbei.

Die Ferien-Idylle verbirgt in der Regel die Wunden, die es vielerorts gibt, und die etwas mit den Menschen machen. Auf Texel, Terscheling oder Norderney lebt ein ganz eigener Schlag, ähnlich den Menschen in kleinen Bauerndörfern in den Alpen. Nur dass statt der Berge die See Gefahren birgt. Statt der Bergwacht sind es die Seenotretter, die sich selbst in Gefahr bringen, um andere aus bedrohlichen Lagen zu befreien, beide auf ihren Gebieten kundig in meteorologischen und geografischen Eigenheiten ihrer Region.

In diese Welt einzutauchen macht für mich den Reiz dieses Buchs aus. Der Kriminalfall, den Ermittler Liewe Cupido untersucht, ist weniger spektakulär als in einem klassischen Krimi. Die Leiche ist schon viele Jahre alt, sie wird aber erst jetzt im wahrsten Sinne des Wortes an die Oberfläche gespült.

Der Fall scheint eigentlich auch klar zu sein: Der Kapitän eines gesunkenen Frachters war nach dem Unglück verschollen. Seinen Tod nun, nach dem Fund seiner Leiche, zu untersuchen, scheint nicht nötig zu sein.

Doch die beteiligten Seenotretter von damals, sowohl auf deutscher, als auch auf niederländischer Seite, blocken ab, wollen nicht wirklich über das Unglück sprechen, es gibt Widersprüche.

“Es ist windstill, und als sie den Deich überqueren, spiegelt das Watt das Licht der tief stehenden Sonne. Die vereinzelten Wolken sind perlweiß bis grau, am Horizont schon zaghaft orangerot. (…) Sie fahren nicht mehr hinaus, sie haben für immer abgemustert. Nebeneinander blicken sie auf das Rettungsboot Anna Margaretha hinunter, das vor zwölf Jahren die Johannes Frederik ersetzt hat; Kapitän Double Boomsma, Maschinist Piet de Jong und die Rettungsmänner Piebe Boomsma und Wim Sorgdrager.

`Man hat den Kapitän der Pollux gefunden´, sagt Douwe. (…) Sie rauchen. Im Watt kommt still und leise die Flut. Ein kleiner Schwarm Austernfischer fliegt auf, vom auflaufenden Wasser vertrieben. Laut pfeifend entfernen sich die Vögel von ihrem Spiegelbild. Sie ändern ein paarmal die Richtung und sausen dann über die Köpfe der Männer hinweg in Richtung Deich. `Was sollen wir denn jetzt machen?´ fragt Wim. `Wir machen überhaupt nichts´, antwortet Douwe.“

Mathijs Deen verwendet unfassbar viele Namen. Selbst völlig unbedeutende Szenen, mit Personen, die überhaupt keine Rolle mehr spielen im weiteren Verlauf, beginnen mit neuen Namen. Nie weiß man, welchen davon man sich nun merken muss, und obwohl ich „Der Retter“ relativ zügig gelesen habe, musste ich oft zurückblättern, um mir zu vergegenwärtigen, wer denn nun dieser oder jener Charakter war. Das stört den Lesefluss, leider.

Jene Personen aber, die eine Hauptrolle spielen, der Ermittler, sein Kompagnon, eine weitere Ermittlerin, sind gut skizziert, von ihnen würde ich gerne mehr lesen, wenngleich der Fall an sich keinen ausgeprägten Spannungsbogen hat.

Obwohl „Der Retter“ der dritte Fall von Liewe Cupido ist, lässt es sich gut lesen, ohne dass man die ersten beiden Bände kennen muss. Neugierig bin ich aber trotzdem, vermute ich doch, dass der Kompagnon Xander Rimbach eine Vorgeschichte hat. Irgendwann werd ich mir die sicher zu Gemüte führen. So sehr angefixt, dass ich mir umgehend die beiden Bände gekauft hätte, bin ich aber nicht.

Vielleicht für meinen nächsten Nordsee-Urlaub, als Kontrast zum heimeligen Schauspiel von Ebbe und Flut.

Ausgewählte Bücher:

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Höllenritt Wahlkampf


Frank Stauss
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Mathijs Deen