Wer mich kennt weiß: Ich mache einmal im Jahr eine Darmsanierung. Ich füttere meinen Darm also mit guten Bakterien und hungere gleichzeitig die bösen aus. Das mache ich seit gut zwanzig Jahren. Also dachte ich: „Darm mit Charme“ mag ja nett sein – aber ob da so viel Neues drin steht?
Zum Glück entwickelt sich Forschung weiter – und auch wenn das Buch 2014 erschienen ist, und sich seitdem sicherlich sehr viel getan hat: Den Stand der Dinge in Sachen Darm zu erfahren, fand ich dann doch interessant – und es muss ja auch einen Grund gehabt haben, dass das Buch damals so durch die Decke ging.
Giulia Enders erzählt ganz grundlegend die Funktionen unseres Körpers, speziell: unseres Verdauungssystems. Das ist, auch wenn man meint, darüber schon sehr viel zu wissen, durchaus interessant und unterhaltsam. Ich habe wirklich etwas gelernt!
„Unser Dünndarm liebt Sauberkeit. Er gehört zu diesen Gestalten, die nach einem großen Essen immer gleich die Küche aufräumen. Besucht man zwei Stunden nach der Verdauung den Dünndarm, ist hier alles blitzblank, und es riecht kaum nach irgendetwas.
Eine Stunde, nachdem der Dünndarm etwas verdaut hat, fängt er an, sich zu reinigen. Dieser Vorgang heißt im Lehrbuch `wandernder motorischer Komplex´. Dabei öffnet der Magenpförtner einmal kollegial die Tore und wischt seine Reste zum Dünndarm. Der wiederum übernimmt den Job und erzeugt eine kräftige Welle, die alles vor sich herschiebt. Mit einer Kamera betrachtet, sieht das so unvermeidbar rührend aus, dass selbst trockene Wissenschaftler den Motorkomplex als kleinen Haushälter (housekeeper) bezeichnen. Jeder hat seinen Haushälter schon einmal gehört: Es ist das Magenknurren, und das kommt nicht nur aus dem Magen, sondern vor allem aus dem Dünndarm. Wir knurren nicht, weil wir Hunger haben, sondern weil nur zwischen dem Verdauen endlich mal Zeit fürs Putzen ist!“
Enders erklärt, was beim „Nicht-mein-Klo“-Syndrom passiert – und was man dagegen tun kann (Ballaststoffe, Flohsamenschalen oder Pflaumen essen; ausreichend trinken – und am besten gar nicht so weit kommen lassen). Sie legt dar, dass Bakterien durchaus Einfluss darauf haben können, worauf wir Appetit haben oder wann wir uns satt fühlen. Und auch, was man gegen schädliche Bakterien tun kann, zum Beispiel: Verdünnen.
„Verdünnen im Haushalt ist beispielsweise auch das Abwaschen von Gemüse und Obst. Die meisten Bakterien aus dem Erdboden werden so runtergedünnt, bis sie uns nicht mehr schaden können. (…) Auch das Lüften von Zimmern gehört zur Verdünnungstechnik.
Wenn man Geschirr, Besteck und Bretter schön unter Wasser verdünnt, dann noch mal mit dem Schwamm drüberwischt und zur Seite stellt, hätte man sie genauso gut mit der Zunge ablecken können. Küchenschwämme sind schön warm, feucht und voller Nahrung – perfekt für jede Mikrobe, die vorbeikommt. Jeder, der einen Küchenschwamm unter dem Mikroskop anguckt, möchte sich eine halbe Stunde auf dem Boden zusammenkrümmen und hin- und herschaukeln.“
„Darm mit Charme“ ist wirklich ein charmantes Buch, das Spaß macht zu lesen. Und das einen auf unaufdringliche Weise daran erinnert, dass man sich durchaus mal wieder etwas gesünder ernähren – und unseren kleinen Helferlein im Darm damit etwas Gutes tun könnte!