Die Holländerinnen

Dorothee Elmiger

Seiten: 159
Verlag: Carl Hanser Verlag
Erscheinungsjahr: 2025
ISBN-Nummer: 978-3-446-28298-8

Ein Buch, für dass ich nicht intellektuell genug bin. Die Kritiker überschlagen sich in den Feuilletons, Autorin Dorothee Elmiger bekam den Bayerischen und den Deutschen Buchpreis dafür. Allein, ich mag es nicht.

Bildgewaltig sei es, mitreißend, beunruhigend, von der Verlorenheit im Universum erzählend … Ja, mag alles sein. Aber 159 Seiten im Konjunktiv – da stelle ich mir einfach nur die Frage: Warum? Dass ich für diese 159 Seiten elf Tage gebraucht habe, spricht für sich. Vielleicht spielt bei meiner Ablehnung aber auch eine Rolle, dass ich kein Fan von Kurzgeschichten bin. Und „Die Holländerinnen“ mutet ein wenig an wie eine Zusammenreihung von Erzählungen.

Eine nicht näher genannte Autorin hält einen Vortrag. Es handelt sich ausschließlich um ihre Erlebnisse in Panama, die dazu beigetragen hätten, dass ihr die eigene Arbeit des Schreibens nun bedeutungslos geworden sei, das Geschriebene keine Kraft mehr habe. Deshalb erzählt sie, wie es soweit gekommen ist.

In Panama war sie dem Wunsch oder Auftrag eines Theatermachers folgend, der – Herzog und Schlingensief nacheifernd – im Urwald die Geschehnisse nachzeichnen wollte, die zehn Jahre zuvor zum Verschwinden zweier junger Holländerinnen geführt hatten. Die Autorin soll dabei Geschehnisse und Gesprochenes dokumentieren.

“Seit dem Beginn ihrer Reise, sagt sie, habe sie damals eine Art Gefahr wahrzunehmen gemeint, ein Unbehagen, das sie in Wogen überspült habe, aber es sei ihr zu jener Zeit nicht möglich gewesen zu sagen, ob diese Gefühl von der sie umgebenden Landschaft und ihrem Klima ausgegangen sei, eine Art meteorologische Störung oder Spannung, ob es die bevorstehende Arbeit, das Vorhaben des Theatermachers gewesen sei, das sie beunruhigt habe, oder ob ihre Unruhe die der Dislozierten, der irgendwie Desorientierten gewesen sei, die sich plötzlich in veränderter Umgebung wiedergefunden habe. Erst im Nachhinein, Wochen später, habe sie zu verstehen gemeint, dass ihre Beunruhigung womöglich mit den aufgelassenen Plantagen, den verfallenen Fincas zu tun gehabt habe, den ellenlangen, nun verwaisten Straßen, die die United Fruit Company beinahe hundert Jahre zuvor wie ein Gitter durch das ehemalige Waldgebiet gezogen habe. Sie sei jedenfalls schweigend mitgefahren, schweigend und schauend, alles registrierend, schließlich habe der Theatermacher dies, die Mitschrift, das Protokoll aller Dinge, als ihre Aufgabe beschrieben (…).“

Die Gruppe – Kostümbildnerin, zwei Mädchen, die die Holländerinnen verkörpern sollen, ein Kameramann, ein Tonmann … – bleibt zunächst einige Nächte in einer Lodge, bevor sie dem letzten bekannten Weg der jungen Frauen in den Wald folgt. Letztendlich ist das der Handlungsrahmen, in den Elmiger Begegnungen und Erinnerungen einwebt, die skurril sind, aus dem Zusammenhang gerissen – wie Träume und Erinnerungen es ja auch sind. Sie treffen Menschen, bei denen man sich wundert, was sie da tun, in diesem Dickicht, das so dicht beschrieben ist.

“Die Nacht sei pechschwarz gewesen. Wieder habe sie zu spüren oder begreifen gemeint, wie der Planet haltlos durch die Galaxis rase, ein zielloses Geschoss in einer großen, schweigenden Leere. (…) Man würde denken, sie hätten sich im Laufe der Zeit allmählich an die Umgebung, an die schwarzen Nächte, die laut wuchernde, die modernde Flora, an den Wahnsinn der Fauna gewöhnt, sagt sie, aber dies sei nicht der Fall gewesen: Im Gegenteil hätten die Tropen sie aufgerieben, sie alle seien zunehmend dünnhäutiger, nervöser geworden, hätten sich hoffnungslos umzingelt und zugleich verlassen gefühlt, und der Regen, der auch in dieser Nacht fast pausenlos gefallen sei, habe alles Lebendige scheinbar potenziert, die Zyklen beschleunigt – der Raum, so das Gefühl, sei nun bis zum Bersten gefüllt gewesen.“

Ich kann nachvollziehen, dass man dieser Sprache etwas abgewinnen kann und dass die Erzählung „dicht“ ist unterstreiche ich. Aber ich muss es nicht mögen. Eine Empfehlung für oder gegen das Buch gebe ich nicht ab – ich denke, es ist wirklich eine Frage des (intellektuellen) Lesegeschmacks, viel mehr, als bei anderen Büchern. Schnell runtergelesen ist es – wahrscheinlich nicht nur in meinem Fall – jedenfalls nicht.

Ausgewählte Bücher:

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Die Holländerinnen


Dorothee Elmiger
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Blindes Vertrauen


Jeff Tomlinson
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Das Gotteshaus


C.J. Tudor