Altern

Elke Heidenreich

Seiten: 111
Verlag: Carl Hanser Verlag
Erscheinungsjahr: 2024
ISBN-Nummer: 978-3-446-27964-3

Elke Heidenreich kenne ich nur aus dem Fernsehen. Gelesen habe ich von ihr noch nichts. Da im Lesekreis einige Bücher von ihr lobend erwähnt wurden, habe ich mein Prinzip gebrochen und war Bücher kaufen. So richtig im Buchladen - es war herrlich! „Altern“ ist eine Lektüre, die nachdenklich stimmt.

Elke Heidenreich ist 80 Jahre alt, als sie dieses Buch schreibt. Und sie sinniert über dieses Alter. Die Zeit, die sie dahin gebracht hat.

“Hier sitze ich und atme. Und altere. Und altern heißt nicht: noch nicht tot sein. Es ist ein ganz normaler Teil des ganz normalen Lebens. Und gar nicht so schlecht, Jungsein war schlimmer. Ins Jungsein bin ich ahnungslos reingerasselt, das Alter kam Schritt für Schritt, man ahnt ungefähr, was einem blüht, auch wenn man den Gedanken daran so lange wir möglich verdrängt.“

Heidenreich zitiert in ihrem 110 Seiten dünnen Büchlein sehr viel. Schriftstellerinnen, Philosophen, Menschen, die etwas Kluges über das  Altern gesagt haben. Das ist durchaus schön und regt zum Nachdenken an. Mir persönlich sind es einige Zitate zu viel. Für mich sind gerade die Passagen stark, in denen sie selbst ihre Erfahrungen mit dem Altern macht. Über den Umgang mit Alten schreibt.

Oft aber sind es auch Gedanken über das Zitierte, die stark sind. Wie als sie Jean Paul zitiert: „Sobald wir anfangen zu leben, drückt oben das Schicksal den Pfeil des Todes aus der Ewigkeit ab – er fliegt so lange, als wir atmen, und wenn er ankommt, hören wir auf.“

“Was für ein schönes Bild von Sinn und Vollendung! Ich höre meinen Pfeil schon manchmal sirren, aber dann wieder gibt es Tage, da scheint mir, als flöge er langsam noch ganz in der Ferne, und meistens denke ich über ihn gar nicht nach, ich bin, wie wir alle, viel zu sehr mit dem Leben beschäftigt, um an den Tod zu denken. Und an diese dämliche Work-Life-Balance hab ich eh nie geglaubt. Was soll das sein? Life is work. Bei dem, was da balance genannt wird, kommt oft noch der grauenvolle Zusatz, man solle zur Erholung doch mal ´die Seele baumeln` lassen. Lassen Sie bitte nie, niemals,  unter keinen Umständen Ihre Seele baumeln. Die Seele hat man fest im Griff, sie ist unser Kostbarstes, da baumelt bitte nichts sinnlos herum.“

In dem Buch wird deutlich, wie gern Heidenreich gearbeitet hat – und es immer noch tut. Sie schildert auch weniger Schönes in ihrem Leben, gesteht aber ein, wie privilegiert sie leben und altern darf – und dass das nicht allen Menschen vergönnt ist.

Vor allem, wie die Gesellschaft mit alten Menschen umgeht, also auch man selbst, führt sie vor Augen. Unweigerlich denkt man darüber nach, wie – und in welcher Gesellschaft – man selbst alt werden will. Auch wenn mich das Buch in Teilen ein wenig genervt hat (so viele Zitate!), würde ich es doch empfehlen. Und bin gespannt auf das nächste, das ich von Elke Heidenreich lesen werde.

„Aber wahr ist: unsere Zukunft wird in großen Teilen von unserer Vergangenheit bestimmt. Es hängt schon zusammen, alles, das ganze Leben! Und darum stimmt der Gedanke, dass es nicht wichtig ist, wie alt man wird, sondern wie man alt wird.“

Ausgewählte Bücher:

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Matthias Jügler